Solidarität statt Vorurteile

Sachbeschädigungen, Beleidigungen, Drohungen und Angriffe gegenüber russlandstämmigen oder vermeintlich russlandstämmigen Menschen nehmen zu, dies stellen unter anderem die russische Botschaft in Berlin und mehrere deutsche Innenministerien seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine fest. So auch der Kaktus Münster e.V., der verstärkt Anfragen im Rahmen seiner Sozialen Arbeit erhält von Menschen, die Hassbriefe erhalten, Schüler:innen, Kinder und Jugendliche, die hier geboren sind und gemeinsam aufwachsen, die gemobbt werden und sich nicht mehr in die Schule trauen. Die Konten zahlreicher russischer Staatsbürger:innen funktionieren nicht mehr wie gewohnt. Wie sollen diese arbeitenden Menschen ihre Familien versorgen, wie ihren Kindern Essen auf den Tisch bereitstellen und ihre Miete zahlen? Wie sollen so generationsübergreifende Feindschaften und sich weiter verhärtende Vorurteile, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, abgebaut werden in Münster, in Deutschland, weltweit? Wir bedrohen Existenzen vieler schon sowieso strukturell benachteiligter Menschen. Der Krieg fügt der Armut noch mehr Armut hinzu. Und die unmittelbar vom Krieg betroffenen Kinder erhalten als Unterstützung zwei tausend Panzerfäuste aus Deutschland. Diese Panzerfäuste werden keine Blumen abfeuern, sie werden das Leid unwiderruflich vergrößern. Wir müssen humanitäre Hilfe leisten und nicht noch mehr Benzin in das Feuer schütten.

Parteiübergreifend warnen Politiker:innen derzeit vor solchen Entwicklungen: „Der Krieg in der Ukraine ist Putins Krieg“, äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock (GRÜNE) auf Twitter. Wer Belaruss:innen oder Russ:innen in Deutschland anfeinde, greife nicht nur Mitbürger:innen an, sondern auch die Grundprinzipien des Zusammenlebens. Auf ähnliche Weise bezog Friedrich Merz von der CDU Stellung, der die alleinige Verantwortung für den Krieg bei Russlands Präsident sieht und betont, dass weder das russische Volk, noch die Menschen, die sich ihm verbunden fühlen, Deutschlands Feinde seien. Wachsamkeit herrscht auch bei Sicherheitsbehörden und Polizei, die laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sensibilisiert seien, um jeden Menschen und jede Einrichtung in Deutschland gleichermaßen zu schützen.

Besonders schützenswert sind gerade jetzt auch Kunst und Kultur. Sie bauen Brücken, fördern gegenseitiges Verständnis und halten den internationalen Austausch aufrecht. Deshalb warnt auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (GRÜNE) eindringlich davor, russische Kunst und Kultur zu boykottieren sowie Kulturschaffende oder Mitbürger:innen allgemein unter einen Generalverdacht zu stellen. Die vielen engagierten und für Frieden einstehenden Künstler:innen verdienten die Unterstützung Deutschlands.

In Russland werden Menschen zu tausenden festgenommen, wenn sie gegen den Krieg auf die Straße gehen, um zu protestieren. Der Krieg gegen die Ukraine darf durch die russischen Medien nicht als solcher benannt werden, andernfalls drohen Geld- und jahrelange Haftstrafen. Dieser Unterdrückung freier Meinungsäußerung, der Verdrehung von Tatsachen, können wir etwas entgegensetzen. Wir vom Radio-Kaktus stehen solidarisch an der Seite aller von Krieg und Vertreibung Betroffenen, in der Ukraine, in Russland und weltweit.

Sag mein Engel,

wieso leben die Menschen nicht

fleißig  wie die Ameisen,

geschwisterlich wie die Bienen,

in diesem großen Bienenkorb der Erde

zusammen?

Molla Demirel (Autor & Geschäftsführer Radio-Kaktus Münster e.V.)