In den Fußstapfen großer Lyriker

Wie internationale SchriftstellerInnen mit Migrationsvorgeschichte in der Gegenwart an klassische romantische Elemente anknüpfen können, zeigt der Münsteraner Molla Demirel bei den diesjährigen Literaturtagen des Verbands deutscher Schriftsteller.

E. T. A. Hoffmann und Joseph von Eichendorff – zwei Namen, die im Deutschunterricht garantiert fallen, wenn es um die Epoche der Romantik geht. Wie reihen sich aktuelle LyrikerInnen in die Abfolge dieser Klassiker ein? 

Dieser Frage ist der Münsteraner Schriftsteller Molla Demirel nachgegangen.
Im Rahmen der NRW-Literaturtage hat der Autor, der in der Türkei geboren wurde und in Münster auch als Medienpädagoge und Sozialarbeiter tätig ist, das Siebengebirgsgymnasium in der ehemaligen Kurstadt Bad Honnef besucht. Im Tal am Fuße des Siebengebirges haben sich nicht nur ehemalige Kanzler

 

 aufgrund der heilenden Wirkung der Natur gerne niedergelassen. Hier veranstaltet auch der Verband deutscher Schriftsteller seine diesjährigen Literaturtage und seine VS-Jahrestagung. Münster wurde auch vertreten von den AutorInnen und VS-Mitgliedern Alfons Huckebrink, Dietmar Damwerth und Isabel Lipthay. Im Programmmittelpunkt stehen jedes Mal etwa 60 Schullesungen für SchülerInnen aller Altersklassen. Mit dem Kollegium des Siebengebirgsgymnasiums hat sich Molla Demirel insbesondere über Migrantenliteratur und Exillyrik als aktuelle Strömungen in der Romantik ausgetauscht. Sein 2001 veröffentlichtes Gedicht „Mit dem Morgenwind“ dient als repräsentatives Beispiel dieser Literatur, in der die Situation ausländischer DichterInnen in Deutschland reflektiert wird. Molla Demirel verarbeitet Themen wie Sprachverlust und Heimatlosigkeit, die in existenziellen und identitären Krisen gipfeln können. Das Gedicht ist Teil einer Lehrbuchreihe für Deutschlehrer zum Thema Romantik, die auch von den Lehrern des Siebengebirgsgymnasiums genutzt wird.
Molla Demirel ist der einzige nicht-deutschstämmige Autor des Verbands Deutscher Schriftsteller, der seit 21 Jahren in Folge regelmäßig zu Lesungen in verschiedenen Städten eingeladen wird. Seine Gedichte und Erzählungen weisen eine für die Romantik typische Natursymbolik auf. So auch die Geschichte „Elif und die Delfine“, die er nach dem Lehrergespräch einer zwanzigköpfigen fünften Schulklasse vorlas. Die Erzählung über ein Mädchen und seine Freundschaft zu einem Delfin spiegelt viele bekannte romantische Motive wider, die unter den Kindern eine belebte Anschlussdiskussion entfachten. Es sind die Phantasie junger Menschen und ihre Bindung zur Natur, die der Münsteraner so schätzt und in seinen Texten wiedergibt. „Wenn ein Mensch sich schon als erwachsen beschreibt und denkt, er wisse bereits alles über die Natur, dann hat er vom Leben nicht mehr viel zu erwarten.“